Ungeschönt: Der nächste Influenzier Abklatsch oder ein wirklich gut recherchiertes, politisch wertvolles Buch einer Feminist? Definitiv Zweiteres!
Titel: Ungeschönt – Sprechen über gesellschaftliche Tabus, Bodyshaming und psychische Gesundheit
Autor: Jaqueline Scheiber
ISBN: 978-3-492-31148-9
Belletristik
Bewertung
Inhalt:
»Sie ist da ehrlich, wo sich alle verstellen« ZEIT
Einen Tag, nachdem ihr Partner plötzlich verstirbt, verfasst Jaqueline Scheiber einen Instagram-Post darüber. Sie präsentiert ihren von Dehnungsstreifen übersäten Bauch 40.000 Menschen. Sie macht ihre psychische Erkrankung öffentlich, auch auf die Gefahr hin, stigmatisiert zu werden.
Als minusgold berührt sie auf Instagram mit sehr persönlichen, leuchtenden, manchmal unbequemen Posts. Doch was für die einen mutig ist, stößt bei anderen auf Ablehnung.
Jaqueline Scheiber reflektiert präzise, warum sie es für heilsam hält, die eigene Stimme zu erheben und sich Gehör zu verschaffen. Sie schreibt über Herkunft, Feminismus, Body Neutrality, Trauer, Freundschaft, Liebe und unbequeme Wahrheiten und wird so auch für all diejenigen laut, die sich dazu nicht in der Lage fühlen.
Meine Meinung:
Jaqueline Scheiber bloggt seit Jahren unter dem Pseudonym ” Minusgold”. Ich bin durch eine ihrer besten Freundinnen “Daria Alizadeh” auf sie aufmerksam geworden und habe ihre Geschichte immer wieder sporadisch verfolgt und ihre Artikel auf der Plattform gelesen. Beide Frauen haben eine laute politische Stimme, die ich oftmals dazu genutzt habe mich selbst und mein Verhalten zu reflektieren. Deshalb war ich umso gespannter was Frau Scheiber in diesem Buch niederschreiben würde. Jeder ihrer Posts ist stark politisch, oftmals gesellschaftskritisch und immer feministisch. Das hat meine Neugierde nur noch mehr entfacht dieses Buch lesen zu wollen.
Der Inhalt
Das Buch startet an dem Punkt, an dem Jaqueline vor einigen Jahren ihren Freund verlor und so viel fühlte, dass es einfach nicht mehr in ihren Körper passen wollte. Allein der Einstieg hat mich schon zu Tränen gerührt. Ich wusste um diese Geschichte, aber sie nochmal aus der Perspektive der Betroffenen wahrzunehmen hat so viel Schmerz und Verzweiflung zu Tage gefördert, wie ich es von einem so dünnen Buch nicht erwartet hätte.
Welchen Ansatz sie im Bezug auf die Trauerarbeit und die damit verbundene Ausgrenzung aus dem alltäglichen Leben beschrieben hat, hat mich wirklich bewegt. Es hat dafür gesorgt, dass ich mich damit unfassbar gerne mehr auseinander setzen würde. Als jemand der nur selten echte Trauer empfunden hat ist es denke ich immer schwer den Verlust einer geliebten Person nachempfinden zu können. Doch ich hatte das Gefühl auf den wenigen Seiten schon mehr darüber gelernt habe, wie man mit Trauer umgeht oder Betroffenen helfen kann, als vorher in meinem gesamten Leben. Ich persönlich finde Jaqueline Schreiber mehr als nur beeindruckend.
Doch in dem Buch geht es noch um so viel mehr. Das Aufwachsen als Frau mit Migrationshintergrund (welches ich sehr gut nachvollziehen kann), Depressionen, Normschönheit oder das Fehlen eben dieser und das Patriarchat und seine Probleme. Insgesamt war es zwar eine recht kurzweilige aber dennoch mehr als informative Lese-Session. Ich würde das Buch auf jeden Fall jedem empfehlen . Von meiner Seite aus hätte es auch ruhig noch 200 Seiten mehr haben dürfen und dafür noch mehr in die Tiefe gehen dürfen!
Resume
Eine Autobiographie zu bewerten finde ich immer unheimlich schwierig, deshalb tue ich es einfach nicht 🙂 Ich weiß dass ich politisch noch lange nicht so reflektiert und informiert bin wie eine Jaqueline Schreiber, weshalb ich mir auch nicht anmaße “dieses Buch”Ungeschönt” dahin gehend kritisieren oder hoch loben zu können. Was ich aber sagen kann ist, dass es mich mitgerissen hat. Ich habe mit der Autorin mitgefühlt, die ich schon eine Weile verfolge (wenn auch nicht immer aktiv). Die Art wie sie komplexe Strukturen und Probleme in gut verständliche und nachfühlbar Worte fasst hat mich wirklich beeindruckt. Ich habe wirklich schon einige Bücher von Influencern gelesen – und keines davon hat es geschafft auf so wenigen Seiten so viel Inhalt zu vermitteln!
(Das der Verlag mir ein Rezensionsexemplar zukommen ließ hat meine Meinung in keinster Weise beeinflusst.)
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